Approtime von Mai 2009 bis November 2011
Ich kam im Frühjahr 2009 zu Approtime, nachdem ich 3 Jahre Berufserfahrung gesammelt und mich entschieden hatte neben dem Beruf ein Fernstudium aufzunehmen. Die Möglichkeit die Arbeitszeit flexibel einzuteilen und dabei Deutschland zu bereisen und Neues zu lernen fand ich für meine Situation optimal. Insgesamt war ich in 24 unterschiedlichen Apotheken in 8 Bundesländern unterwegs, mein Vertretungstagebuch ist ganz dick geworden und ein wenig abgenutzt, so wie das bei richtigen Tagebüchern ebenso ist. Überall kleben Zettel drin, weil ich sofort wenn ich etwas Neues gelernt habe es mir notiert habe.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man wirklich überall etwas lernen kann und seien es nur neue Handelsnamen oder die Bedienung eines neuen Computer-Programms. Die Arbeit als Vertretungsapothekerin hat mich von Ostfriesland bis in die neuen Bundesländer, von Schwaben bis Thüringen, von der Nordsee bis zur Ostsee, vom ländlichen Wendland bis ins Ruhrgebiet geführt. Es gab Katzen, die mir zu Begrüßung morgens tote Mäuschen vor mein Auto gelegt hatten, in einigen Städten habe ich mich hoffnungslos verfahren, einmal habe ich beim Joggen den Ferienwohnungsschlüssel verloren und war heilfroh, als ich ihn im Dunkeln 2 Stunden später doch noch wieder fand. Einige Male stand ich im Stau und musste mir spätabends den Schlüssel unter der Fußmatte suchen.
Mein kleines Auto hat inzwischen sehr viele Kilometer mehr auf dem Buckel und mich zum Glück während der ganzen Zeit nicht einmal im Stich gelassen. Anfangs war ich immer aufgeregt, wenn ich Sonntags zu einem unbekannten Ziel aufgebrochen bin – mit der Zeit und mit den guten Erfahrungen, die ich bis dahin gesammelt hatte, wurde es immer besser, so dass ich mich später sogar richtig gefreut habe, mal wieder loszukommen und in ein „neues Leben“ einzutauchen. Ich habe in der Zeit sehr viele nette Kollegen kennengelernt und viele gute Gespräche geführt. Ich fand es immer sehr spannend zu erfahren, wie andere Menschen so leben und was sie denken.
Sehr interessant war es für mich in Ostdeutschland zu arbeiten. Bei meinem ersten Arbeitseinsatz dort wurde ich von 2 Bauarbeitern völlig verstört angeschaut, weil ich noch nie etwas von Pyolysin Salbe gehört hatte. Das ist mir insgesamt öfter passiert – sei es, dass ich den Namen wirklich noch nie gehört hatte oder dass die Aussprache für mich etwas schwer zu verstehen war. Zum Glück waren fast immer nette Kollegen zur Stelle, die mir dann auf die Sprünge helfen konnten. In einigen kleineren Apotheken habe ich aber auch schon mal stundenweise ganz alleine gearbeitet, das war dann besonders aufregend, wenn die Kollegin dort mir vorher noch erzählt hatte, dass im Drogeriemarkt gegenüber schon des Öfteren bewaffnete Raubüberfälle stattgefunden haben. Toi, toi, toi hatte ich in dieser Beziehung aber immer Glück.
Mit Anlauf ins kalte Wasser springen musste ich auch in einer Apotheke in Süddeutschland als Montag früh, noch bevor Zeit für den richtigen Apothekenrundgang und Erlernen des neuen Computer-Systems war, gleich die 25 Substitutionspatienten auf der Matte standen. In den Situationen ist man dann noch glücklicher über die netten Kollegen, die sich auskennen. In fast jeder Apotheke kam es vor, dass es Patienten gab, die Medikamente vorab haben wollten. Das ist immer eine undankbare Situation und besonders wenn man neu ist.
Ich habe in den Fällen zunächst immer geschaut, um was für ein Medikament es sich handelt und ob es sich um einen Stammkunden der Apotheke handelt. Die Unterkünfte variierten zwischen Hotel, Pension, Ferienwohnung, Einliegerwohnung und manchmal galt es auch das Notdienstzimmer zu bewohnen. Ein einziges Mal war meine Unterkunft so schrecklich: erinnerte stark an ein altes, verlassenes, muffiges Trucker-Motel. Dort war es richtig schmutzig und unheimlich. Als ich dann noch eine völlig verschimmelte Kaffeekanne in der Hand hielt, gab es für mich kein Halten mehr. Ich habe am nächsten Tag in der Hauptfiliale der Apotheke angerufen und gesagt, dass ich dort auf keinen Fall 2 Wochen bleiben kann. Anschließend habe ich mir auf eigene Faust eine nette Pension weiter weg gesucht. Der Apothekerin tat das dann auch sehr leid – sie hatte die Unterkunft vorher nicht angeschaut und nur aufgrund der Nähe zur Apotheke gebucht. So musste ich dann mit dem Bus zur Arbeit fahren, aber das habe ich gerne in Kauf genommen.
Während der Vertretungen im Frühjahr und Sommer durfte ich mir manchmal das Apothekenfahrrad ausleihen oder eine nette Kollegin hat mir ihr Rad geliehen, dann konnte ich nach Feierabend gut noch ein wenig die Umgebung erkunden. Ganz oft war ich aber auch einfach müde. Besonders nett war es, wenn man vom Chef mit zum Geburtstag eingeladen wurde, oder mit den Kollegen Essen ging, ins Kino oder zu einer Fortbildung. Einmal habe ich mit einigen Kollegen eine historische Stadtführung besucht und ein anderes Mal haben wir zusammen gekocht. Das waren die Highlights, die meisten Abende habe ich dann aber doch alleine verbracht. Besonders nett fand ich auch den Apothekenleiter, der auf meiner Approbationsurkunde gesehen hatte, dass ich während der Vertretung Geburtstag habe und mir eine schöne Zimmerpflanze hat überreichen lassen. Der Kontakt mit dem Apothekenchef beschränkte sich in den meisten Fällen auf das Telefonat eine Woche vorher. Dort wurde man dann über die Eigenheiten der Apotheke aufgeklärt, was man bitte erledigen soll, worauf man achten muss…
Ich habe während meiner Vertretungszeit die ganze Bandbreite von ganz kleinen dörflichen Apotheken bis hin zu sehr marketing aktiven Centerapotheken mit Rabattschlacht und Billigheimer Philosophie kennen gelernt.
Nach einem 12 Stunden Tag in so einer Centerapotheke wollte ich nur noch ins Bett und wirklich keine Menschenseele mehr sehen. Das waren die Extrema. Ebenfalls extrem fand ich einen Notdienst, der über einen Feiertag von Mittwochmittag bis Freitag früh ging. Das war eine lange Zeit allein eingesperrt in einer Apotheke. Ich fühlte mich wie ein freigelassener Häftling, als ich endlich wieder an die frische Luft durfte. Einen einzigen Notdienst habe ich gemacht, in dem wirklich niemand angerufen hat oder vorbeigekommen ist.
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen hat fast immer gut geklappt. Insgesamt waren sie meistens entspannter, wenn der Chef nicht im Haus war. Etwas anstrengend war es meistens, wenn noch ein zweiter angestellter Apotheker/in dort war. Da hatte man dann das Gefühl, daß hier Kompetenzbereiche sehr klar abgesteckt und die eigene Wichtigkeit extrem hervorgehoben wurde. Das hat mich dann höchstens genervt, aber einige Wochen lang kann man das auch einfach so hinnehmen. Bei den meisten Vertretungen war ich entweder die einzige Apothekerin oder die Arbeitszeiten haben sich nicht großartig überschnitten. Wenn man am ersten Tag noch mit dem Computersystem kämpfen musste, nicht wusste, wo die Taschentücher liegen und dennoch Souveränität ausstrahlen sollte, hat es mich immer beruhigt, zumindest die vertrauten Arzneimittel zu sehen und zu kennen.
Des Öfteren habe ich auch blaue Flecke davongetragen, weil ich anfangs die Ecken, Kanten und Abstände noch nicht verinnerlicht hatte und mich sehr auf alles andere konzentrieren musste. Das war sicher teilweise ganz witzig für die Kunden, wenn die Apothekerin auf dem Weg zu den Schubschränken erst mal beinahe gegen die Wand rennt. Auch schön ist die Situation montags früh: es ist von Anfang an viel los, das heißt, man hatte nicht genügend Zeit, sich die Sichtwahl in Ruhe einzuprägen und steht beim Kunden davor wie der Ochs vorm Berg. “ Na, da steht es doch – nee weiter rechts…“
Bei meiner ersten Vertretung gab es großangekündigt eine Hautberatung inklusive Schminken mit einer Kosmetikerin. Lange Rede – kurzer Sinn: ehe ich mich versah sah ich auch schon aus, wie in den Farbeimer gefallen und musste so noch den ganzen Nachmittag arbeiten. Aber da hatte ich dann auch gleich wieder etwas gelernt: Sich niemals von den Kollegen dazu überreden lassen, sich mal kurz „verschönern“ zu lassen, wenn man anschließend noch arbeiten muss.
Insgesamt kann ich die Arbeit als Vertretungsapotheker nur empfehlen und es gibt viele witzige, schöne Situationen, an die ich mich gerne zurück erinnere. Es war teilweise auch sehr anstrengend, wenn man z.B. jeden Tag 11 Stunden arbeiten musste und dann ein Sonntag Notdienst folgte, allerdings konnte man sich in den freien Wochen davon mehr als gut erholen. Und natürlich fehlen Einem irgendwann die Freunde und ein regelmäßiger Arbeits- und Freizeitrhythmus und die einsamen Abende irgendwo in Deutschland sind auf Dauer auch nicht der Traum, die Entbehrungen sind aber meist absehbar und dafür bekommt man eine große Flexibilität und die Zeit, die man braucht, um sich um die Dinge in seinem Leben zu kümmern, die einem wirklich wichtig sind.
Mein Studium ist noch nicht ganz abgeschlossen, allerdings werde ich demnächst heiraten und zusätzlich haben wir ziemlich spontan einen Hund aus einer Tierrettung zu uns genommen. Da ich meine „Männer“ nicht zum Arbeiten mitnehmen könnte und sie mir doch sehr fehlen würden, habe ich mich entschlossen, meine Vertretungstätigkeit an der Nagel zu hängen und wieder sesshaft zu werden. Ansonsten wäre ich sicher noch länger Approtimerin geblieben.
Vielen Dank für die gute Betreuung und persönliche, verlässliche, herzliche Atmosphäre! Es war mir eine Freude mit Ihnen zusammenzuarbeiten!
Alles Gute für die Zukunft!
C.S.